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Epterode || Vorbild | Planung | Modulbau | Sicherungstechnik


Teil 2: Signalabhängigkeit

Im letzten Heft, Hp1 1/2002, haben wir für den Verschluss einer Weichenverbindung zwei Grundmuster kennen gelernt - mit und ohne Folgeabhängigkeit. Beide Schemata reichen bereits zur Sicherung einer Anschlussstelle aus. Der Besitz des abgezogenen Hauptschlüssels bietet dem Fahrdienstleiter des Nachbarbahnhofs Gewähr dafür, dass die Anschlussstelle von Zügen sicher befahren werden kann. Nun lernen wir, wie die durch Hauptsignal gedeckten Fahrstraßen eines Bahnhofes gesichert werden.

Die einen Bahnhof berührenden Zugfahrten werden auf dafür bestimmten und besonders gesicherten Wegen durchgeführt, die man Fahrstraßen nennt. Kurz und knapp entnehmen wir einem Lehrbuch für Dienstanfänger, worauf es dabei ankommt:

Bei der Ein- und Ausfahrt eines Zuges oder bei der Durchfahrt müssen nicht nur alle Weichen, die der Zug befährt, in der richtigen Stellung liegen, sondern es müssen auch alle benachbarten Weichen, aus denen ein Fahrzeug in das Einfahr-, Ausfahr- oder Durchfahrgleis gelangen und den Zug gefährden könnte, die sog. Schutzweichen, in abweisender Stellung liegen. Die Festhaltung der Weichen in ihrer richtigen Lage, nötigenfalls mit Verriegelung der Weichenzungen, sowie die Einrichtungen für den Ausschluss feindlicher Signale nennt man die Sicherung der Fahrstraße eines Zuges. Bei Einfahrten müssen unter Umständen auch Weichen, bin zu denen der Zug durchrutschen könnte, in die Fahrstraßensicherung einbezogen werden.

Zur Sicherung der Fahrstraße verwendet man bei einfachen Verhältnissen (z. B. auf Nebenbahnen) Handverschlüsse. Das sind kräftig gebaute Schlösser, die mit ihrem Schubriegel die abliegende Weichenzunge abstützen; sog. Weichenschlösser. Der Schlüssel lässt sich erst aus dem Schloss herausziehen, wenn die Weiche verschlossen ist.

In den Lageplan des Bahnhofes Epterode wurden alle sicherungstechnischen Einrichtungen eingetragen: Weichen und Gleissperren in ihren Grundstellungen, die notwendigen Handverschlüsse (Schlösser), die Einfahrsignale sowie die Fahrstraßen in und aus den Gleisen 3 und 4. Es gibt insgesamt acht Fahrstraßen, in jedes der zwei Gleise Einfahrten aus beiden Richtungen und Ausfahrten in beide Richtungen.

Sicherungstechnischer Lageplan
   

Bestimmung der Verschlüsse
Nun sei erläutert, worauf sich die Sicherung der Fahrstraße a 1/3 – Einfahrt von Velmeden nach Gleis 3 – erstreckt. Sie beginnt am Einfahrsignal A, daher die Fahrstraßenbezeichnung a, und führt bis zum gewöhnlichen Halteplatz des Zuges, das ist der Zusammenlauf der Gleise 3 und 4 in der Weiche 17. Die Hochzahl 1 bedeutet, dass bei gesicherter Fahrstraße am Einfahrsignal ein Flügel – Hp 1 – gezogen werden kann. Dem Index 3 entnimmt man die Nummer des Zielgleises. Der Zug befährt die Weichen 2, 3 und 6. Diese müssen selbstverständlich in der richtigen Stellung stehen, das ist hier jeweils die Grundstellung (+): 2+, 3+, 6+. Als Schutzweichen gegen Flankengefährdungen kommen in Betracht: 5c/d+, 7+ sowie Gs ZI+, das ist die Gleissperre am Zechengleis 5. Wenn der Zug über das Ende der Fahrstraße durchrutscht, soll er noch ein Stück gesichertes Gleis vorfinden, damit kein Zusammenstoß geschieht. Daher werden auch die Weichen 10a/b+ und 15+ verschlossen. Damit die Weichen 17 und 18 beim Durchrutschen nicht aufgefahren werden (was beim Vorbild ggf. zur Zerstörung der Handverschlüsse führt), verschließt man auch 17+ und 18+. Ein Blick auf den Lageplan zeigt: Von den mit Handverschlüssen (H bzw. HH) versehenen Weichen 2, 3, 4, 5c/d+, 6, 7, 10a/b+, 11, 15, 16, 17 und Gs ZI sind jetzt alle bis auf die Weichen 4 und 16 verschlossen. Wir bemerken dabei, dass es nicht betriebsbehindernd ist, wenn auch 4+ und 16+ verschlossen sind, denn es gibt keine zur betrachteten Zugfahrt verträglichen Rangierfahrten, die diese Weichem benutzen. Auf den Gleisen 1, 2, 5, 6, 9, 11 darf rangiert werden.

Zusammenfassend sind bei Fahrt a 1/3 zu verschließen: 2+ und 5c/d+, 3+, 4+ und Gs ZI+, 6+ und 7+, (optional 16+ und) 10a/b+, 17+, (optional 18+ und) 15+. Es wird dem Leser nun keine Schwierigkeiten machen, die entsprechende Aufstellung für die Fahrt a 4 usw. zu machen. Das Weglassen der Hochzahl bedeutet übrigens Signalisierung mit zwei Flügeln – Hp 2 – und ist Schreibkonvention, weil der Fall sehr oft vorkommt. Für eine Ausfahrt, z. B. c – von Gleis 4 nach Velmeden – entfällt der Durchrutschweg, es sind zu verschließen: 2+ und 5c/d+, 3-, 4+ und Gs ZI+. Bei Fahrt b beachte man, dass der Zug bei der Abfahrt auch noch Weiche 6, die inmitten den Abfahrtgleises liegt, befährt. Hier muss verschlossen werden 2+ und 5c/d+, 3+, 4+ und Gs ZI+, 6+ und 7+. Alle diese Verschlüsse lassen sich übersichtlich in einer Verschlusstafel darstellen.
Verschlussplan
Die Matrix der Verschlusstafel zeigt den Zusammenhang zwischen Schlössern, Zugstraßen, Fahrtrichtungen und Signalhebeln. In den acht Zeilen sind die Zugstraßen analog zum Lageplan aufgetragen. Da es keine Ausfahrsignale gibt, sind die Bezeichnungen b–e nur virtuell. Im rechten Teil sind alle für die Sicherung der Zugfahrten notwendigen Weichen- und Gleissperrenschlösser aufgetragen. Bei den folgeabhängigen Schlössern, sind diese in Klammern angefügt. Ein + bezeichnet die Grundstellung, ein - die umgelegte Stellung. Wie man aus der obenstehenden Betrachtung entnimmt, können viele Weichen zu Paaren - Fahrwegweiche und Schutzweiche - zusammengefasst und mit einem Schlüssel gesichert werden. Die Notation 6+(7+) bedeutet dann, dass durch Verschluss der Weiche 6 in + indirekt Weiche 7 in + verschlossen ist. Das erlaubt es, für diese Fälle mit fünf Weichenschlüsseln auszukommen, die vor Ort fünf weitere freisetzen. Für die Weichen 3 und 17 werden vier weitere Schlüssel benötigt, weil diese Weichen je in + als auch in - zu verschließen sind. Nun weiter im Lehrtext:

An einem Schlüsselbrett ist für jede zu sichernde Fahrstraße eine waagerechte Reihe vorgesehen, in der die Weichen je nach der Stellung, in der sie verschlossen sein müssen, mit einem + oder - bezeichnet sind. Bevor der Fahrdienstleiter ein Signal zieht, muss er sich davon überzeugen, dass alle in der Reihe mit + oder - gekennzeichneten Schlüssel am Brett hängen. Sind auch Gleissperren zu verschließen, so wird hierfür das Gleissperrenschloss verwendet. Die Handhabung ist die gleiche wie beim Weichenschloss.

Eine weitergehende Sicherung bewirkt das Schlüsselwerk. Es besteht aus einer Grundplatte, auf der waagerechte und senkrechte, sich kreuzende Schieber angebracht sind. Jeder dieser Schieber ist an einem Ende mit einem Schloss verbunden. Schließt man ein solches Schloss, so bewegt sich dessen Schieber. Sollen z. B. die waagerechten Schieber als Weichenschieber Verwendung finden, dann dienen die senkrechten Schieber als Fahrstraßenschieber. Die mit den Weichenschiebern verbundenen Schlösser haben dieselbe Schlüsselform wie die an den Weichen angebrachten Weichenschlösser. Die Schlüssel der mit den Fahrstraßenschiebern verbundenen Schlösser passen in die Schlösser der zugehörigen Signalhebel, so dass also eine Abhängigkeit zwischen Weichen und Signal hergestellt werden kann. In der Grundstellung sind die Signalhebel in Halt verschlossen.

Soll eine Fahrt stattfinden, so müssen alle für diese Fahrt in Frage kommenden Weichen verschlossen und ihre Schlüssel in die Schlösser der waagerechten Schieber gesteckt und umgelegt werden. Erst wenn alle zu dieser Fahrt gehörigen Schlösser geschlossen sind, kann der senkrechte Schieber bewegt, der Schlüssel des zugehörigen Fahrstraßenschlosses abgezogen und damit der Signalhebel freigeschlossen werden. Durch die Fahrstraßenschieber sind jetzt alle Weichen- und Gleissperrenschlüssel verschlossen. Das Signal ist damit in Abhängigkeit von der Fahrstraße gebracht.

Signalabhängigkeit durch Schlüsselwerk

Um die Handhabung im Modell zu vereinfachen, sind wir davon ausgegangen, dass einerseits eine Unterscheidung zwischen Ein- und Ausfahrt in derselben Richtung nicht notwendig ist; es sollen alle Weichen wie für eine Durchfahrt festgelegt sein. Verzichtet man in diesem Zusammenhang auf eine gleichzeitige Ausfahrt aus den zwei Gleisen, so sind schließlich nur noch zwei Fahrstraßen zu unterscheiden: Fahrt auf Gleis 3 und Fahrt auf Gleis 4. Das Schlüsselwerk oder hier besser: Schlüsselbrett für Epterode zeigt die Anordnung der Schlösser und des Fahrstraßenriegels mit seinen Aussparungen für die beiden Fahrstraßen. Die Anregung dazu gab ein Schlossbrett auf Bahnhof Markersbach(Erzg). Meist werden beim Vorbild aber aufwändigere Schlüsselwerke verwendet.

Verschlusstafel: Bedienungsanleitung der Sicherungsanlage
Da zuerst die Weichen zu verschließen sind, bevor der Fahrstraßenschieber bewegt und schließlich das Signal aufgeschlossen werden kann, ist die Reihenfolge dieser Bedienung in der Verschlusstafel mit den Indizes 1 bis 3 gekennzeichnet. Zuerst sind also alle Weichen und Gleissperren die für die jeweilige Fahrstraße notwendig sind, in die entsprechende Stellung zu bringen und abzuschließen. Die frei werdenden Schlüssel kommen ins Schlüsselwerk, um dort die entsprechenden Schlösser aufzusperren. Die in Klammern stehenden Verschlüsse zeigen übrigens an, welche Schlüssel auf Grund der Vereinfachung auf zwei Fahrstraßenn unnötig mit verschlossen werden müssen. Sind nun alle für eine Zugstraße notwendigen Schlüssel im Schlüsselwerk, wo sie nach Einschließen festgehalten werden, kann als nächster Schritt der Fahrstraßenschieber für die Fahrten auf Gleis 3 oder 4 gestellt werden. Dadurch kann als dritter Schritt mit dem Fahrstraßenschloss die Fahrstraße verschlossen werden, und mit dem frei gewordenen Schlüssel kann nun entweder Signal A oder F aufgeschlossen werden oder durch den Fahrdienstleiter der Ausfahrtauftrag gegeben werden.
Schloßbrett

Für alle Fälle – Epterode ohne Abhängigkeit oder im Zugleitbetrieb
Zum Schlüsselwerk gehört auch ein Ersatzschlüsselkasten, damit der Betrieb nach Abhandenkommen eines Schlüssels nicht steht. Gibt man zwei weitere Fahrstraßenschlüssel aus - was das Prinzip der Signalabhängigkeit aufhebt -, so kann man alle Weichenschlüssel aus dem Schlüsselwerk entnehmen, alle Weichen aufsperren und dennoch alle Signale beliebig bedienen. Damit ist es auch mit der Sicherungstechnik nicht vertrauten Mitspielen möglich, in Epterode zu spielen. Im Zugleitbetrieb werden die Einfahrsignale durch Trapeztafeln ersetzt. Anstelle des Fahrstraßenschlosses a 1/3, b, d, f 1/3wird ein Schloss eingesetzt, das nur durch den Zugführerschlüssel freigegeben werden kann. Bei abgezogenem Zugführerschlüssel ist Epterode zwangsweise in Grundstellung und sicher zu befahren.

Nachdem wir nun viel Theoretisches über den kleinen Bahnhof Epterode gelernt haben, wollen wir im nächsten Teil zeigen, wie die Vorbildtechnik in Modell umgesetzt und, der aufmerksame Leser hat vielleicht mitgezählt, die 34 Schlösser eingebaut werden.

Zitate aus: Deutsche Reichsbahn, Lehrstoffheft für die Dienstanfängerschule, Lehrfach i3: Einführung in die Kenntnis der Sicherungs- und Fernmeldeanlagen, 4., neubearbeitete Auflage, Verkehrswissenschaftliche Lehrmittelgesellschaft Reinhold Rudolph, Leipzig 1943

lcu@lcu.de | professionell | persönlich | Stand: 15.05.2016